Es war meine erste Reise ins Ausland. Wir waren verliebt. Und Du wolltest mir die Welt zeigen. Ich hatte die Flipp Flops an den Füßen. Und glaubte echt, ich könnte damit die Welt erobern. Du sagtest mir, ich solle mir Wanderschuhe kaufen. Aber davon wollte ich nichts hören. Denn ich war die Jugend mit seiner Naivität und Du meine Jugendliebe. Wir hatten uns auf einer Gartenparty kennengelernt. Das Gras war schon nass geworden, denn die Nacht hatte sich mit ihrer Frische darauf gelegt und die Sonne war schon längst verschwunden. Wir saßen zu viele in einer viel zu kleinen Gartenlaube. Sie Stühle waren besetzt, also saß ich auf deinem Schoß schon zum zweiten Mal. Ich glaube wir waren jetzt ein Paar. Denn das mit uns ging schon mehrere Monate und wir hatten uns langsam angenähert. Das mit dem Schoß war schon ein Ding. Denn ich war erst 15 und Du 16. Und für uns war das alles ziemlich neu. So nah den Körper eines anderen an sich heran zu lassen, wenn es nicht der/die beste Kindergartenfreund*in ist. Jetzt waren wir eine Clique. Das war eigentlich das beste Kennenlernen. Denn wir waren uns begegnet ohne Hintergedanken. Und weil wir viel miteinander lachen konnten, hast Du mich gefragt, ob Du meine Hand nehmen kannst, als wir noch zum Chillen zu deinem besten Freund wollten. Es war ein Händchenhalten wie in der 6. Klasse. Aber mir war das Recht, denn ich wollte mir Zeit lassen mit dem ersten Kuss. Ich fand es schön, dass Du gefragt hast. Und Simone hat mir alles darüber erzählt wie sich ein Kinderkuss von einem richtigen Kuss unterscheidet. Den wollte ich nur mit Dir. Und als wir in unserem zweiten Sommer auf Reisen waren, hatten ich noch immer dieses Gefühl von schwebenden Teilchen in meinem Inneren, wenn wir uns berührten. Ich wusste ja nicht viel über die Biochemie im Körper. Aber ich denke beim ersten Mal vervielfältigt sich das ja noch einmal. Also schwebte ich mit meinen Flipflops aus der Straßenbahn aussteigend mit einem viel zu schweren Rucksack mit Dir an der Hand zum Campingplatz in die Südstadt. Wir sind zuvor über den großen Fluss gefahren. Und die Säulen der Brückenpfeiler verkündeten mir ein Bild von Fremde und Neugier verbunden mit deiner vertrauten Hand in meiner, dass es mir anfangs ganz leicht fiel. Und ich hier mich überhaupt nicht auszukannte. Und deshalb wollte ich auch nicht, den Rucksack auf den Bordstein stellen und wütend Dich anschauen, weil mir alles weh tat. Auch weil ich nicht weiß, wie lang sich die große Straße Richtung Stadtauswärts noch ziehen und wie lange es noch dauern wird, bis ich Schwielen an den Füßen haben werde. Und mir fiel der düstere Gedanke nicht mehr von mir ab. Das nicht mehr zu schaffen. Aber Dir nicht eingestehen zu wollen, dass Du Recht hattest mit den Schuhen. Das wollte ich nicht sagen. Und das Gefühl der Wut stieg in mir hoch, kochte sich mit den schweißigen Blicken meiner Augen, die nach den Campingplatz Ausschau hielten, immer weiter hoch. Bis es zu spannen begann wie auf meinem Rücken, das Gefühl. Und immer mehr drängte, nach draußen zu wollen. Ich sah mich schon wie Rumpelstilzchen stampfen. Aber dann gab ich mir die Befreiung. Und erzählte Dir, was mich bedrückt. Dass mir der Rücken und die Füße weh tun. Und ich nicht weiß, wie lange noch, ich das aushalten kann. Und dass ich die Stimmung nicht verderben will. Aber die Ungewissheit wie heiße Suppe gleich überkocht. Und Dir alle Schuld geben will. Obwohl ich die Schuhe ja nicht wegen Dir nicht anhatte. Die besser gepasst hätten. Und als ich Dir das alles gesagt hatte, ging es mir besser. Wir blieben am Rand einer kleiner Rasenfläche stehen. Ich setzte mich auf die Kante. Dann holte ich mir Heftpflaster aus der Tasche. Ich sah aus dem Augenwinkel, wie Du mich beobachtest. Und ich wusste nicht, ob Du jetzt sauer auf mich bist. Ober ob Du Dich zurückgewiesen fühlst. Dieser Art Korb, von dem immer gesprochen wird. Aber ich hab Dir keinen gegeben. Du hast mir dein Wasser und einen Kuss gegeben. Und es war klar, dass alles okay ist. Wir haben noch einmal auf der Karte nachgeschaut, wie weit noch. Und dann sind wir wieder so verliebt gewesen. Und das Gefühl, das Worte gefunden hatte, war verwandelt. In seinem schönsten Kleid stand es voller Vorfreude vor mir. Mit Dir in dieser Stadt, so jung und ganz allein, fühlte ich mich mehr erwachsen als zuvor. Und das war schön. Denn wir hatten den Platz und auch uns ein bisschen mehr uns gefunden.