Die Emanzipation des Selbst

Ist es immer wichtig, sofort die Antwort, Lösung, den richtigen Weg zu haben. Ich lerne, offen zu bleiben für Möglichkeiten. Wenn ich im Voraus glaube, was ich als nächsten Schritt tun werde, dann ist das ein schönes Gefühl, mich strukturiert und geborgen zu fühlen. Und es kann trotzdem eine weitere Option ins Spiel kommen, wenn sie dazu passt. Dann ist es genauso schön, nicht mit vorgefertigten Abläufen klein anstatt groß zu denken. Ich habe gemerkt, dass ich genauso wie meine Arbeitskollegin anfange, wenn ich höre, dass jemand etwas unangenehmes erlebt hat, Lösungen anbieten oder die Situation für den anderen einordnen zu wollen. Weil ich jedoch von dem Impuls aus dem inneren heraus lernen möchte, was zu mir passt, gibt es oft keinen direkten Vorschlagungsswunsch an mein Gegenübers. Und ich möchte oft einfach auch nur erzählen, statt mit einer Lösung geantwortet zu bekommen. Diese aufgesetzten Meinungen und Lösungen habe ich heute meiner Kollegin erklärt, dass ich sie mir nicht wünsche. Sie dagegen hat sich von mir etwas gewünscht, was ich mir selbst gestern gewünscht hatte. Wir haben gemerkt, dass sie gerne Leute anleitet und ich dagegen mich in ein Thema hinein fuchse und gerne Texte verfasse. Meine Kollegin brauchte einen Begründungstext für ihre Entscheidung. Und ich habe ihn entworfen. Das war ganz schön viel Arbeit. Genauso wie sie mit den neuen Kollegen*innen viel Zeit verbringt, habe ich heute hinter dem Schreibtisch gesessen und über die Gesetzesvorschriften geschaut, um eine dingfeste Begründung zu verfassen. Und es hat mir unter den Nägeln gebrannt, es genauso wie sie es tut, gleich meinem Sachgebietsleiter zu berichten, was ich alles über meine Arbeit hinaus mache. Das war auch mein Wunsch.

Zurück lag das andere Gespräch mit einem Arbeitscoach, der mir empfohlen hatte, nicht herausstechen zu wollen in meiner Arbeit. Und zufrieden zu sein und meine Kraft nicht dort so intensiv einsetzen zu müssen. Das war eine neue Erfahrung. Denn ich habe mich an das Modell von dem Impuls, der von mir kommt, erinnert und gemerkt, dass ich ihre Bedenken nicht einfach auf mich übertragen möchte. Denn ich merkte, dass ich nur die Antwort für mich selbst herausfinden kann. Es hat mich vielmehr leicht eingeschränkt, dass sie nicht mit mir auf der Euphorie mitgezogen ist, eine Sonderaufgabe an der Arbeit annehmen zu wollen und mehr meine Kommunikationsfähigkeit im Beruf einsetzen zu wollen. Und deshalb habe ich es mal anders als sonst noch so einer Beratung gemacht. Ich habe mal weiter gedacht. Mir einfach mal vorgestellt, wie ich mir meine Arbeit auch vorstellen kann. Indem ich die Möglichkeiten des Vorstellbarem in meinem Kopf erweitere. Das war schön, denn dann gab es einen Faden mit einer schönen Zukunftsvision zum Aufnehmen. Eine weitere Option, die ich wählen kann, die gut auf mein Gehirn ausgerichtet ist: In einem Themengebiet mich zu vertiefen, gleichzeitig kognitiv bestimmte Fakten verbinden und mit der Gesetzeslage abgleichen, um daraus einen Konsens zu finden. Das fand ich sehr anregend, denn ich war im Überfokus, als ich so gearbeitet habe. Und es könnte sich daraus ein Spezialgebiet innerhalb meiner Arbeit ergeben, der Leistungskürzung.

Ich bin froh, dass ich den Ratschlag des Coach nicht blind gefolgt bin sondern weiter auf mich zugeschnitten visualisiert habe. Es ist neu für mich, dieses intrinsische, der Impuls, der von mir heraus kommt und mich besser kennen zu lernen und näher an meine Wünsche zu gelangen. Ich wünsche mir, dass mehr Menschen in meiner Umgebung sehen, dass ich Fähigkeiten habe, die gebraucht werden auch wenn sie nicht wie der Elefant im Porzellanladen daher kommen sondern feiner sich heraus kristallisieren in einem Miteinander anstatt einem Gegeneinander. Deshalb bin ich jetzt auch froh, mich selbst nicht im Affekt überredet zu haben, den Text gleich an meinen Chef weiter zu leiten. Und den Impuls nachzugehen, dass sie den Text bestimmt nicht von mir stammend ausgebend wird. Das war der Impuls, warum ich glaubte sofort handeln zu müssen. Und im Nachhinein kam es dann so, nachdem ich nicht dem schnellen HandlungsDZug in dieser Richtung gefolgt bin, erkannt zu haben, dass ich vom Schlechtesten ausgegangen bin. Indem ich fest der Meinung war, sie wird den Text als ihren eigenen verkaufen. Um dann meine negative Selbstannahme zu korrigieren, dass ich das nicht hundertprozentig weiß und es noch andere Möglichkeiten geben kann, als diese negative Prophezeiung. Es war heute ein guter Tag. Es hat mir gefallen, mich mit meiner Kollegin auf einer partizipativen Ebene neu begegnet zu sein. Weil anfangs war sie meine Anleiterin. Und irgendwann sind wir uns auf der gleichen Ebenen begegnet, obwohl sie immer noch dachte, mich anleiten zu dürfen/ müssen. Obwohl wir schon die Phase aus meiner Sicht erreicht hatten, dass wir Kolleginnen sind. Das hatte ich mir gewünscht, dass wir uns so begegnen. Und ich wollte es anders als sonst machen nicht mit einer Erklärung von meiner Seite aus. Weil ich in der Vergangenheit beobachtet hatte, dass das theoretische Erklären und mit den anderen gemeinsam reflektieren zu wollen, bei mir oft zu Frust geführte. Wenn ich in der Folge merkte, dass es anscheinend nicht verstanden wurde, weil sich nichts verändert hatte. Es könnte ebenso daran gelegen haben, dass jeder gerne mitreden und miterfahren möchte und dieses Reden über eine Sache, mit dem Ziel der andere versteht und ändert es, dann auch nicht eine auf Augenhöhe passierende Entscheidung ist. Obwohl das meine Absicht war. Und heute ist es quasi im Tun passiert. Wir haben unsere Qualitäten erkannt, jeder in einem anderen Bereich. Und sie hat zwar meine Qualität noch als Übungsfeld für mich gestalten wollen, was ich ergänzt habe. Indem ich ihr in diesem praktischen Kontext erklären konnte, dass Anleitung nicht so mein Ding ist, aber dafür das, was sie nicht gut findet. Das war eine konstruktive Selbstbehauptung in Aktion. Und es ist mein Wunsch, dass die Ebenen jetzt klarer sind und wir miteinander anstatt gegeneinander arbeiten können.

Ich habe heute auch einen Arbeitskollegenfreund wieder getroffen. Wir sehen uns nicht oft und haben die Pause zusammen verbracht. Auf ihn war ich in letzter Zeit sauer gewesen, weil er sich nicht gemeldet hat wie versprochen. Und affekthaft wollte ich ihn schon löschen bei WhatsApp, weil ich mich ausgenutzt fühlte. Das war schön, da auch einen neue Erfahrung gemacht zu haben. Und es wäre schön, weiter dieses affekthafte Handlungen, wenn ich wütend bin, kontrollieren und minimieren zu können. Denn das was ich gedacht habe über die Situation, war ganz anders als es in der Realität. Er hatte echt mental und körperlich eine schwere Zeit.

Ich bin gespannt, wie es mir weiter gelingt, wenn ich wütend bin, mich mit Handeln und in gleich in Aktion gehen zu wollen, ausbalancieren zu können. Denn sonst habe ich schon viel in eine Richtung gelenkt wie eine selbst erfüllende Prophezeiung. Ich bin sehr gespannt auf eine Zukunft mit neuen und selbst bestimmten Wahlmöglichkeiten, um so weniger mein Leben durch die Verlusterfahrungen meiner Vergangenheit zu gestalten.

Denn all das, was ich heute erlebt habe, wäre nicht passiert, wenn ich nicht auf mich gehört hätte. Und mich selbst dazu gezwungen hätte, bei der gemeinsamen Aktivität des Betriebsausfluges nur aus dem Grund mitzumachen, damit niemand merkt, dass ich komisch bin. Und komisch wirkt man wahrscheinlich nur, wenn man unauthentisch und selbst verleugnend sich verhält. Und andere einen nicht einschätzen können und es sie unsicher macht. Und diese Unsicherheit als komisch einstufen. Was passiert also weiter ?Selbstbewusst und emanzipiert für sich einzustehen, darauf bin ich gespannt. Veränderungen müssen nicht immer angenehm sein. Daran möchte ich noch denken, wenn es mir in der Selbsterfahrung schlecht, erschöpft, traurig und so weiter geht. Dass es trotzdem immer weitere Versuche und neue Möglichkeiten gibt und scheitern dazu gehört.

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